Jola aus Johannesburg

Hallo! Ich bin eine Ridgeback-Dame und ich heisse Glenaholm Jola. Jola ist ein Zulu-Name und bedeutet „One who brings happienes“, weil ich so lieb und freundlich bin, werde ich aber meist Jolchen genannt. Ich bin am 17. Oktober 2002 im Zwinger Glenaholm von Laurie Venter in Johannesburg, Südafrika geboren. Jörg und ich haben uns dort kennen gelernt und wir haben uns sofort angefreundet. Am 12. Dezember 2002 hat er mich dann im Flugzeug mit nach Deutschland genommen. Mit meinen vielen Geschwistern, Lauries Enkelkindern und dem Rudel der 6 großen Hunde von Laurie war es ja eigentlich richtig nett in Honeydew (dem Stadtteil im Nordwesten von Johannesburg, wo Laurie wohnt). Auch Jörg ist bis heute sehr dankbar für Lauries herzliche Gastfreundschaft und vielen Dinge, die er dort in gut einer Woche von Laurie, Scotty Stewart und anderen über Ridgebacks und deren Geschichte lernen durfte. Allerdings ist die Gegend in der Laurie wohnt doch ziemlich stressig.

            

                                            Bei Laurie Venter

    

            Meine Eltern: Glenaholm Jinks                                                                                               Rhoban Chason of Chucklenook

     

               Mit meinen Geschwistern im Zwinger                                                                                und beim Tierarzt im Wartezimmer

Das große Grundstück von Laurie grenzt zu einem erheblichen Teil direkt an einen wilden Slum – ein so genanntes „Squatter Camp“ an. Dort drängen sich nicht nur entwurzelte Südafrikaner auf engstem Raum in Hütten aus Wellblech, Holz und Pappe ohne Wasser, Strom oder sanitäre Einrichtungen. Es leben dort auch viele illegale Einwanderer aus anderen Ländern Afrikas, darunter viele Bürgerkriegsstaaten. Nachts hörte man ständig Lärm, Geschrei, laute Musik, Sirenen und manchmal auch Schüsse und ständig mussten die großen Hunde anschlagen um uns zu beschützen (das hat mich irgendwie nachhaltig geprägt). Die Gegend ist so ungemütlich, dass man Lauries Grundstück – das mit einem 3 Meter hohen Elektrosignalzaun gesichert ist - nur mit dem Auto verlassen kann. Alle sagen Johannesburg sei eine der gefährlichsten Städte der Welt und liegt seit Jahren in der internationalen Mordstatistik auf Platz 1. Es ist eine Stadt extremer Gegensätze. Im reichen Sandton im Norden leben z.B. 160.000 Menschen auf 140 km2. Im ehemaligen Township Alexandra hingegen müssen sich 400.000 Menschen 3 km2 teilen. Es gibt praktisch keine sozialen Sicherungssysteme und die ärztliche Grundversorgung beschränkt sich auf lebenserhaltende Maßnahmen, wenn man sich keine Krankenversicherung leisten kann. Eine Reihe von Faktoren bilden hier ein hochexplosives Gemisch: Die extremen Gegensätzen zwischen der erdrückenden Armut in den ehemaligen Townships und den reichen, überwiegend immer noch weißen Vororten, der bei manchen Schwarzen immer noch tief sitzenden Hass gegen Weiße aus den Zeiten der Apartheid, die illegalen Einwanderer, die zum Teil Jahre lang in Bürgerkriegen vor allem gelernt haben, dass ein Menschenleben nichts zählt und dass der überlebt, der schneller schießt. Die ganze Stadt, aber insbesondere die ehemaligen Townships, leiden unter einer erdrückend hohen Gewaltkriminalität. Praktisch jedes Haus in den besseren Vierteln ist mit Mauer, Rasiermesserdraht und Elektrozaun gesichert. Die Fester und Türen sind meist vergittert und die Menschen dahinter oft bewaffnet. Trotzdem gibt es Stadtteile, wie Randburg, Sandton oder Northcliff, in denen es sich sehr gut leben lässt…wenn man genug Geld hat. Kira’s Großvater Themba (Glenahom Brigandman) lebte z.B. in einer sehr schönen „Security Village“, einer praktisch komplett eingemauerten und durch „Armed Guards“ bewachten Siedlung in der man sehr schön wohnen und die Probleme draußen fast vergessen kann.

      

Kira's Großvater: Glenaholm Brigandman, genannt Themba. Leider ist Themba 2003 verstorben

Mittlerweile wohnen auch Mitglieder der neuen schwarzen Mittelschicht in den „besseren Gegenden“. Deren Angst ist genauso groß wie die der Weißen. So wird aus einem ehemaligen Rassenproblem immer mehr ein wirtschaftlich-soziales. Ist das ein gutes Zeichen?

Downtown Jo’burg muss einmal eine extrem attraktive Stadt gewesen sein. Mit schicken Geschäften und einem tollen Angebot an Kultur und Gastronomie. Nach dem Systemwechsel sind die meisten Weißen aus Downtown in die nördlichen Stadtteile geflohen und die Innenstadt wurde zur „no-go area“ für Weiße. Heute gibt es Zeichen der Besserung, aber als Ausländer sollte man doch auf einen Bummel ohne ortskundige Begleitung verzichten.

      

Blick auf Downtown Jo'burg

Im eigentlichen Kern-Johannesburg leben ungefähr 4,5 Millionen Menschen. Noch einmal gut 3 Millionen leben im ehemaligen Township SOWETO. Es liegt im Südwesten der Stadt (daher der Name: SOuth WEstern TOwnship). Die Townships wurden in der Zeit der Apartheid als Wohnstädte für die schwarzen Arbeitskräfte in den Randbereichen der Städte eingerichtet, in denen sich Schwarze nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr aufhalten durften. Gerade nah genug, dass die Arbeiter morgens mit dem Zug in die Stadt kamen, aber zu weit um während der für Schwarze „verbotenen Zeiten“ dorthin zu laufen. SOWETO ist das größte Township seiner Art und wurde besonders durch die Schüleraufstände 1976 bekannt, in deren Verlauf über 100 Schüler von der Polizei erschossen wurden, weil sie sich geweigert hatten Afrikaans statt Englisch als Unterrichtssprache zu akzeptieren. So ist SOWETO bis heute ein lebendes Mahnmal gegen die Apartheid aber auch ein positives Symbol für das neue Südafrika. Es gibt dort eine Universität und das größte Krankenhaus der südlichen Hemisphäre (in das gern auch junge Militärärzte aus Europa oder Nordamerika zur Ausbildung kommen, weil es dort regelmäßig Stich- und Schussverletzungen zu versorgen gibt). SOWETO ist die einzige Stadt der Welt, in der zwei Nobelpreisträger aus einer Strasse kommen: Desmond Tutu (der seinen Wohnsitz immer noch dort hat) und Nelson Mandela. Jörg hat im Oktober 2003 eine Tour nach SOWETO unternommen, bei der die folgenden Bilder entstanden sind.

     

     

 

          

       Dieses Foto ging 1976 um die Welt und steht heute für

       den Anfang vom Ende der Apartheid: der 10 Jahre alte

       Hector Pieterson, erschossen von der Polizei während

       des Schüleraufstands in SOWETO.

     

     

     

Auch wenn Jo’burg wirklich eine interessante Stadt ist, war ich nicht traurig, als mich Jörg am 9. Dezember 2002 zusammen mit meiner Halbschwester Thani (Lionhill Thandanani) unter den Arm klemmte und wir die lange Reise in die oberschwäbische Provinz antraten (obwohl er uns vorher drei Tage lang mit Wurmtabletten und Flohspray geärgert hatte).

    

         Abschied von Laurie                                                                                                                          ...und von Mama

Diese Reise führte uns aber zunächst erst mal nach Pretoria ins Landwirtschaftsministerium, weil wir noch einige Stempel auf unseren Gesundheitszeugnissen vom „State-Vet“ (dem Amtstierarzt) brauchten. Bei diesem Date war Jörg wirklich etwas nervös. Meine Schwester Thani brauchte ein Gesundheitszeugnis für das Land Niedersachsen. Den Vordruck aus dem Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium gab es nur auf Deutsch (das Formular für Baden-Württemberg war „selbstverständlich“ zweisprachig). Jörg hatte vor Abreise noch fassungslos in Hannover angerufen und gefragt, wie man bitte einen Amttierarzt in Südafrika dazu kriegt, ein Formular zu unterschreiben, das er nicht versteht. Die Antwort aus Hannover: „Das ist Ihr Problem“. Doch die Sorge war ganz unbegründet: Jörg wies sich gegenüber dem Amtstierarzt als Kollege aus und erklärte den Inhalt des Formulars, genauso wie den Umstand, dass die Deppen in Hannover nicht in der Lage seien, ein Formular auf Englisch zu liefern. Der schwarze Tierarzt schaute erst Jörg, dann Thani und mich kurz an, quittierte das ganze mit einem breiten typisch afrikanischen Lachen und drückte mit seiner schwarzen Hand die begehrten Stempel auf unsere Papiere (Hakuna Matata…no problem my friend!).  

Nun fuhr uns Laurie zum Jan Smuts Airport – dem internationalen Flughafen von Jo’burg. Die nächste Hürde war dann Lufthansa, und hier war Jörg noch nervöser als beim Amtstierarzt. Wir waren zwar beide auf dem Flug angemeldet. Ich als „pet-in-cabin“ und Thani (weil schon zu schwer) für die Reise im Frachtraum. Aber bis zum Abflug konnte niemand bei LH verlässlich sagen, was Jörg für uns zahlen sollte. Die Angaben reichten von „kostenlos im Rahmen des Freigepäcks“ bis „166 € / kg“, was mehr gewesen wäre als unser Kaufpreis. Zunächst einmal aber wurde uns gesagt, dass man keinen „pet-in-cabin Karton“ mehr für mich hätte und ich deshalb auch in den Frachtraum sollte. Da Jörg diesen aber vorher extra für mich bestellt hatte wurde er ziemlich sauer und führte zunächst ein kurzes aber sehr heftiges Gespräch mit dem „Manager on Duty“. Dieses führte dazu, dass kurze Zeit später die halbe LH Mannschaft von Jo’burg auf Kartonsuche war. Als man endlich doch noch einen gefunden hatte (na bitte es geht doch!), war Thani bereits eingechecked und bei dem ganzen Stress hatte man vergessen Jörg dafür eine Rechnung auszustellen. So flog Thani kostenlos. Jörg musste dann nur noch ein Ticket für mich kaufen (und zwar für 160 Rand und nicht Euro pro Kilo = damals Faktor 10!) und wir hatten es fast bis ins Flugzeug geschafft.

Wir machten noch einen kleinen Bummel durch die schicken Geschäfte im Flughafen und kehrten dann in die sehr schöne First Class Lounge der South African Airways ein. Laurie hatte es mit dem Futter an dem Tag etwas zu gut gemeint und so musste ich mich leider erst im Duty Free Shop und dann in der Lounge übergeben…hat aber keinen wirklich aufgeregt.

     

                In meinem Transportkarton                                                                     Endlich entspannen in der South African Airlines Lounge

Wir hatten das Glück First Class fliegen zu dürfen und als wir ins Flugzeug kamen wurden wir von den Stewardessen schon freudig erwartet…ich war echt der Star im Flugzeug! Nach dem Abendessen durfte ich dann zu Jörg in den Sessel. Einmal habe ich mich auf Erkundung bis in die Business Class vorgewagt und dort auf den Teppich gepinkelt. Sonst haben Jörg und ich aber die meiste Zeit der 11 Stunden bis München durchgeschlafen.

     

Im Flugzeug nach München

Kurz nach der Landung in München traf ich meine Schwester Thani wieder und wir tobten ausgelassen durch die Flughafenhalle. Da kam so ein völlig humorloser Mann mit grünen Klamotten und schimpfte Jörg, weil er uns ohne Leine hatte spielen lassen. Auch die Amtstierärztin in München war gar nicht so nett wie der schwarze Tierarzt in Pretoria. Erst ließ sie uns fast zwei Stunden warten und dann meckerte sie auch noch an unseren Papieren herum. Thani und mich schaute sie gar nicht an, obwohl es ihre Pflicht gewesen wäre uns zu untersuchen. Schließlich bekamen wir aber auch hier unsere Stempel und konnten nach Deutschland einreisen. Mein erster Eindruck: furchtbar kalt. In Jo’burg waren es fast 30°C und in München -10°C! Aber mein neues Rudel, Sibylle, Jasmin und Kira habe ich sofort ins Herz geschlossen!

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